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Betragsrahmengebühr

Von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

Die Berechnung der Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG bereitet in der Praxis gerade bei Betragsrahmengebühren Schwierigkeiten. Der folgende Beitrag erläutert die Möglichkeiten und genaue Reihenfolge der Abrechnung.

1. Hier gibt es Betragsrahmengebühren

Betragsrahmengebühren entstehen in den in den Teilen 4 bis 6 VV RVG geregelten Verfahren. Dies sind Strafsachen, Bußgeldsachen und sonstige Verfahren. Für gerichtlich bestellte oder beigeordnete Rechtsanwälte sind Festgebühren vorgesehen. Aber auch in bestimmten sozialrechtlichen Verfahren fallen Betragsrahmengebühren an (vgl. Nrn. 2302, 3102, 3106 VV RVG).

2. Diese Voraussetzungen gelten für die Mehrvertretungsgebühr

Anders als bei erhöhten Wertgebühren hängt die Berechnung der Erhöhung bei Betragsrahmengebühren von der jeweiligen Ausgangsgebühr ab. Deshalb wird nicht das Vorliegen desselben Gegenstands vorausgesetzt. Und es kann bei unterschiedlichen Gegenständen nicht zu einer Wertaddition nach § 22 Abs. 1 RVG kommen. Vielmehr erhöhen sich Betragsrahmengebühren, wenn der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit mehrere Personen als Auftraggeber vertritt.

3. So gehen Sie in der Praxis vor

Damit Sie bei einer Betragsrahmengebühr die richtige Gebührenerhöhung wegen mehrerer Auftraggeber ermitteln können, gehen Sie in den folgenden drei Schritten vor:

Schritt 1: Erhöhten Ausgangsgebührenrahmen ermitteln

Die Erhöhung von Betragsrahmengebühren richtet sich stets nach der jeweiligen Geschäfts- bzw. Verfahrensgebühr. Nr. 1008 VV RVG regelt, dass sich der Mindest- und der Höchstbetrag des Gebührenrahmens dieser Ausgangsgebühr (jeweils) um 30 Prozent erhöht.

Beispiel 1: Ausgangsgebühr in strafrechtlicher Angelegenheit

Rechtsanwalt R erhebt für die Eheleute E und F als Mandanten Privatklage wegen Beleidigung. Der Angeklagte wird in der Hauptverhandlung vom AG verurteilt. R kann wie folgt abrechnen:

Lösung

Der Mindest- und der Höchstbetrag der Verfahrensgebühr nach Nr. 4106 VV RVG beträgt 44 bzw. 319 EUR. Diese Beträge sind jeweils um 30 Prozent nach Nr. 1008 VV RVG zu erhöhen. Die Folge ist: Der Mindestbetrag erhöht sich auf 57,20 EUR, der Höchstbetrag wird auf 414,70 EUR angehoben.

Beispiel 2: Ausgangsgebühr in sozialrechtlicher Angelegenheit

Rechtsanwalt R vertritt Mandantin M und ihre vier Kinder vor der Verwaltungs­behörde (Sozialamt) und beantragt Leistungen nach dem SGB II. Dem Antrag wird stattgegeben. R kann wie folgt abrechnen (Mittelgebühr):

Lösung

Der Mindest- und der Höchstbetrag der Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG beträgt 60 bzw. 768 EUR; diese sind jeweils um 30 Prozent nach Nr. 1008 VV RVG zu erhöhen. Die Folge ist: Der Mindestbetrag erhöht sich auf 78 EUR, der Höchstbetrag ist auf 998,40 EUR anzuheben.

Schritt 2: Angemessene Gebühr nach § 14 Abs. 1 RVG bestimmen

Sobald Sie die erhöhte Ausgangsgebühr nach Schritt 1 ermittelt haben, bestimmen Sie daraus anschließend die im Einzelfall angemessene Gebühr nach § 14 Abs. 1 RVG. Dabei sind im Einzelfall alle Umstände nach billigem Ermessen zu berücksichtigen, vor allem Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Bedeutung der Angelegenheit sowie Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers. Bei Betragsrahmengebühren ist auch das Haftungsrisiko maßgebend. Allerdings kann die Anzahl der Auftraggeber nicht mehr berücksichtigt werden, weil diese bereits den Gebührenrahmen erhöht hat (LSG Nordrhein-Westfalen ASR 10, 91).

Angemessene Gebühr in strafrechtlicher Angelegenheit (zu Beispiel 1)
Im Beispiel 1 beträgt die Mittelgebühr 235,95 EUR (= 57,20 EUR + 414,70 EUR = 471,90 EUR : 2). R kann daher bei der Mittelgebühr wie folgt abrechnen:
Grundgebühr, Nr. 4100 VV RVG 220,00 EUR
Erhöhte Verfahrensgebühr, Nrn. 4106, 1008 VV RVG 235,95 EUR
Terminsgebühr, Nr. 4108 VV RVG 302,50 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG   20,00 EUR
19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG 147,91 EUR
926,36 EUR
Angemessene Gebühr in sozialrechtlicher Angelegenheit (zu Beispiel 2)
Im Beispiel 2 beträgt die Mittelgebühr 538,20 EUR (= 78 EUR + 998,40 EUR = 1.076,40 EUR : 2). R kann daher bei der Mittelgebühr wie folgt abrechnen:
Erhöhte Geschäftsgebühr, Nrn. 2032, 1008 VV RVG 538,20 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG   20,00 EUR
19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG 106,06 EUR
664,26 EUR

Schritt 3: Konkrete Erhöhung berechnen

Gemäß Nr. 1008 Abs. 3 HS 2 VV RVG dürfen mehrere Erhöhungen jedoch das Doppelte des Mindest- und des Höchstbetrags nicht überschreiten.

MERKE | Der Mindest- und Höchstbetrag für den Höchstbetrag ist zu verdreifachen und nicht lediglich zu verdoppeln (siehe dazu die Berechnungen in den folgenden Beispielen)! Denn die Vorschrift deckelt nur den Erhöhungsbetrag, der zu dem Ausgangsbetrag addiert wird.

Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift. Danach sollen mehrere Erhöhungen – also der Betrag, der dem Ausgangsbetrag hinzugerechnet wird – nicht das Doppelte des Mindest- und Höchstbetrags überschreiten (BT-Drucksache 15/1971, S. 205; LSG Nordrhein-Westfalen, a. a. O.; SG Aachen AGS 10, 80; SG Berlin JurBüro 11, 25; SG Darmstadt ASR 12, 75; SG Fulda RVGreport 12, 222; a. A. LSG Nordrhein-Westfalen, RVGreport 08, 303).

Erhöhung in strafrechtlicher Angelegenheit (zu Beispiel 1)
In Abwandlung zu Beispiel 1 vertritt R acht Privatkläger.

Lösung

Der Mindestbetrag von 44 EUR erhöht sich für sieben weitere Personen um 210 Prozent (= 92,40 EUR) auf insgesamt 136,40 EUR. Die Begrenzung beträgt „nicht mehr als das Doppelte des Mindestbetrags“, hier also max. 2 x 44 EUR = 88 EUR.

Der Höchstbetrag von 319 EUR erhöht sich für sieben weitere Personen um 210 Prozent (= 669,90 EUR) auf insgesamt 988,90 EUR. Die Begrenzung beträgt „nicht mehr als das Doppelte des Höchstbetrags“, hier also max. 2 x 319 EUR = 638 EUR.

Insgesamt ist die Mittelgebühr aus dem Rahmen von 132 EUR (= 44 EUR + max. Erhöhung von 88 EUR) bis 957 EUR (= 319 EUR + max. Erhöhung von 638 EUR) zu berechnen, somit aus 1.089 EUR (= 132 EUR + 957 EUR). Die Mittelgebühr beträgt hier 544,50 EUR. R kann bei der Mittelgebühr wie folgt abrechnen:

Grundgebühr, Nr. 4100 VV RVG     220,00 EUR
Erhöhte Verfahrensgebühr, Nrn. 4106, 1008 VV RVG     544,50 EUR
Terminsgebühr, Nr. 4108 VV RVG     302,50 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG       20,00 EUR
19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG     206,53 EUR
 1.293,53 EUR
Erhöhung in sozialrechtlicher Angelegenheit (zu Beispiel 2)
In Abwandlung zu Beispiel 2 vertritt R acht Privatkläger.

Lösung

Der Mindestbetrag von 60 EUR erhöht sich für sieben weitere Personen um 210 Prozent (= 126 EUR) auf insgesamt 186 EUR. Die Begrenzung beträgt „nicht mehr als das Doppelte des Mindestbetrags“, hier also max. 2 x 60 EUR = 120 EUR.

Der Höchstbetrag von 768 EUR erhöht sich für sieben weitere Personen um 210 Prozent (= 1.612,80 EUR) auf insgesamt 2.380,80 EUR. Die Begrenzung beträgt „nicht mehr als das Doppelte des Höchstbetrags“, hier also max. 2 x 768 EUR = 1.536 EUR.

Insgesamt ist die Mittelgebühr aus dem Rahmen von 180 EUR (= 60 EUR + max. Erhöhung von 120 EUR) bis 2.304 EUR (= 768 EUR + max. Erhöhung von 1.536 EUR) zu berechnen, somit aus 2.484 EUR (= 180 EUR + 2.304 EUR). Die Mittelgebühr beträgt 1.242 EUR. R kann bei der Mittelgebühr wie folgt abrechnen:

Erhöhte Geschäftsgebühr, Nrn. 2032, 1008 VV RVG 1.242,00 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG       20,00 EUR
19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG     239,78 EUR
 1.501,78 EUR

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