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streitwert gkg

Die Bestimmung des Streitwerts spielt eine zentrale Rolle in gerichtlichen Verfahren, da der Streitwert die Höhe der Gerichts- und Anwaltsgebühren beeinflusst. Das Gerichtskostengesetz (GKG) bildet insoweit die rechtliche Grundlage für die Streitwertfestsetzung und stellt sicher, dass diese auf einheitlichen und nachvollziehbaren Regeln basiert. Insbesondere in Zivil-, Verwaltungs- und Sozialgerichtsverfahren regelt das GKG, wie der Streit- oder Gegenstandswert zu ermitteln ist und somit, welche Gebühren (soweit gegenstandswertabhängig) und Gerichtskosten sich daraus ergeben. Für gebührenrechtliche Ansprüche des Rechtsanwalts/der Rechtsanwältin sind gemäß § 23 RVG grundsätzlich (zu beachten: wenige Spezialvorschriften im RVG) zunächst die Vorschriften des GKG bzw. des FamGKG anzuwenden – und zwar sowohl für die gerichtlichen als auch außergerichtlichen (gegenstandswertabhängige) Gebühren; bei außergerichtlicher Tätigkeit immer dann, wenn die Angelegenheit auch Inhalt eines Rechtsstreits sein könnte (weitere Streitwertvorschriften finden sich im GNotKG, auf die hier nicht eingegangen werden soll).

Grundsatz der Streitwertermittlung

Eine zentrale Vorschrift zur Streitwertermittlung und auch -festsetzung in Verfahren vor den ordentlichen Gerichten ist § 39 GKG. Dieser regelt die Grundsätze zur Bestimmung des Streitwerts, insbesondere in Zivilprozessen. Der Streitwert bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Interesse, das die Parteien im jeweiligen Verfahren verfolgen. Dies kann bei einem zivilrechtlichen Streit zum Beispiel der Wert der eingeklagten Geldforderung oder der Marktwert eines streitigen Gegenstands sein. Im Verwaltungsrecht geht es oft um den wirtschaftlichen Vorteil, den ein Kläger durch einen bestimmten Verwaltungsakt erreichen möchte, während es im Sozialrecht häufig um Ansprüche auf Sozialleistungen oder Rentenansprüche geht.

Dabei ist nach vorerwähnter Vorschrift zu beachten, dass die Werte mehrere desselben Verfahrens und desselben Rechtszug zusammengerechnet werden, soweit nichts anderes bestimmt ist und der Streitwert maximal 30 Mio. Euro beträgt.

Einfluss des Streitwerts auf die Anwaltsgebühren

Da der Streitwert regelmäßig (im Sozialrecht eher selten) auch Grundlage für die Berechnung der Anwaltsgebühren hinzuziehen ist, haben sowohl Kläger als auch Beklagte Interesse an einer realistischen Streitwertfestsetzung, da höhere Streitwerte auch höhere Prozesskosten nach sich ziehen. Die Parteien können in vielen Fällen auch eine eigene Streitwertfestsetzung vorschlagen, die jedoch vom Gericht überprüft wird. Hierzu müssen die einschlägigen Vorschriften bekannt sein (§§ 39 bis 60 GKG, Spezialvorschriften des FamGKG).

Häufig benötigte Wertvorschriften aus dem GKG

➢ § 41 GKG Miet-, Pacht- und ähnliche Nutzungsverhältnisse

Bei Miet- und Pachtverhältnissen richtet sich der Streitwert in der Regel nach dem einjährigen Nutzungsentgelt (z. B. Miete oder Pacht), sofern der Betrag des auf die streitige Zeit entfallende Entgelts nicht ohnehin niedriger ist. Bei Räumungsklagen ist das Jahresentgelt maßgeblich; eingeforderte Rückstände werden hinzuaddiert. Bei Ansprüchen auf Erhöhung oder Minderung der Miete ist der Jahresbetrag der jeweiligen Differenz maßgeblich.

➢ § 42 GKG – Wiederkehrende Leistungen

Der Wert von Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen (öffentlich-rechtliche Dienst- oder Amtsverhältnisse, Dienstpflichten u.a.) wird in der Regel mit dem dreifachen Jahresbetrag der Leistungen berechnet, es sei denn, der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen ist geringer; die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet.

Bei Rechtsstreitigkeiten vor den Arbeitsgerichten über das Bestehen, Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der 3-fache Betrag des monatlich zu leistenden Arbeitsentgelts maßgeblich; weder eine Abfindung noch bei Klage fällige Beträge erhöhen den Streitwert.

➢ § 43 GKG – Nebenforderungen

Nebenforderungen (z. B. Zinsen oder Kosten) bleiben bei der Berechnung des Streitwerts unberücksichtigt, es sei denn, sie sind der Hauptgegenstand des Verfahrens.

➢ § 44 GKG – Stufenklage

Die Werte der Rechnungslegung oder Vorlage eines Vermögensverzeichnisses oder Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung und der hierauf gerichteten Herausgabe werden nicht zusammengerechnet: Der höhere Wert ist maßgeblich.

➢ § 45 GKG – Klage und Widerklage, Hilfsanspruch, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung

Bei einer Klage und Widerklage ist der Streitwert für beide Forderungen getrennt zu ermitteln und zusammenzurechnen; betreffen die Ansprüche jedoch denselben Gegenstand, wird nur der höhere Wert berücksichtigt. Gleiches gilt für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden. Bei einer hilfsweisen Aufrechnung erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine Entscheidung darüber ergeht. Ein Vergleich steht einer Entscheidung gleich.

➢ § 48 GKG – Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten

In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren zum einen nach den Vorschriften über die Zuständigkeit des Prozessgerichts. Die Amtsgerichte sind (mit Ausnahmen) regelmäßig zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten mit einem Streitwert von bis zu  5.000,00 Euro (Änderung des Streitwerts bis zu 8.000,00 Euro in Diskussion) sowie insbesondere für Ansprüche aus Mietverhältnissen, betreffend Wohnraum (vgl. § 23 GVG). Die Geltendmachung von Forderungen im Mahnverfahren ist – unabhängig vom Gegenstandswert – den Amtsgerichten (zentralisierten Mahngerichten) zugewiesen.

Die Landgerichte sind zuständig, soweit die Angelegenheiten nicht den Amtsgerichten zugewiesen sind (Gegenstandswert ab 5.000,01 Euro, aber auch besondere Zuständigkeiten, vgl. § 71 GVG). In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Wert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls (Umfang, Bedeutung, Vermögens- und Einkommensverhältnisse) nach Ermessen zu bestimmen; die Höchstgrenze liegt bei 1 Mio. Euro.

➢ § 47 GKG – Rechtsmittelverfahren

Im Rechtsmittelverfahren richtet sich der Streitwert nach dem Wert der angefochtenen Entscheidung, wobei der Wert der Beschwer des Rechtsmittelführers ausschlaggebend ist.

Bild: Adobe Stock/©jd-photodesign
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Carmen Wolf
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Carmen Wolf ist gelernte Rechtsanwaltsfachangestellte mit Weiterbildung zur Rechtswirtin und zur Kanzleimanagerin, Ausbilderin für Rechtsanwaltsfachangestellte sowie Büroleiterin der Koblenzer Rechtsanwaltskanzlei FROMM. Dort ist sie mit allen Bereichen der Kanzleipraxis betraut.

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