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gegenstandswert familiensachen

In familienrechtlichen Verfahren spielt die Bestimmung des Gegenstandswerts insofern eine entscheidende Rolle, als sie Einfluss auf die Höhe der Gerichtskosten und die Vergütung der Rechtsanwaltschaft hat.

Anders als im allgemeinen Zivilrecht gelten im Familienrecht spezielle Regelungen, die vor allem im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) sowie im Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG) festgelegt sind. Besonders bei Scheidungsverfahren, Unterhaltsstreitigkeiten sowie Sorgerechts- und Umgangsregelungen gibt es spezifische Vorschriften zur Festsetzung des Streitwerts, die auf die besondere Sensibilität und Bedeutung familiärer Angelegenheiten Rücksicht nehmen.

Merke:

Die Rechtsanwaltsgebühren richten sich gemäß § 23 RVG regelmäßig nach den Vorschriften des GKG bzw. FamGKG und werden nur dann, wenn diese Vorschriften nicht erschöpfend sind, über den Zuständigkeitsstreitwert ermittelt.

Das FamFG legt in seinen Vorschriften den rechtlichen Rahmen für die Verfahren vor den Familiengerichten fest. Es umfasst Regelungen zu Scheidungen, elterlicher Sorge, Umgangsregelungen, Unterhaltsstreitigkeiten und weitere familiäre Konflikte. Bei der Bestimmung des Gegenstandswerts greifen Gerichte auf die Vorgaben des FamFG zurück, um ein faires und angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis zu gewährleisten.

Das FamGKG enthält spezifische Regelungen zur Festsetzung des Streitwerts und der Gerichtskosten (§§ 33 – 52 FamGKG).

Streitwert in Scheidungsverfahren

Scheidungsverfahren (Auflösung von Ehen) gehören zu den häufigsten familienrechtlichen Auseinandersetzungen und bringen erhebliche finanzielle und persönliche Konsequenzen mit sich: Die (korrekte) Bestimmung des Streitwerts hat daher eine besondere Bedeutung.

§ 43 FamGKG ist hierbei eine zentrale Norm, die die Streitwertberechnung in Scheidungsverfahren regelt. Der Streitwert (ganz allgemein: Gegenstandswert) des Scheidungsverfahrens ermittelt sich danach in der Regel mit dem dreifachen monatlichen Nettoeinkommen beider Ehepartner. Ein höheres Einkommen führt somit zu einem höheren Streitwert, was wiederum die Gerichtskosten und die Anwaltsgebühren beeinflusst.

Je nach Verfahrenskonstellation können weitere Faktoren den Streitwert beeinflussen, beispielsweise wenn zusätzlich Unterhalts- oder Versorgungsausgleichsfragen (s.u.) geklärt werden müssen. Solche zusätzlichen Regelungen erhöhen den Gegenstandswert (Streitwertaddition, § 33 FamGKG), da sie den finanziellen Umfang der Auseinandersetzung erweitern.

Unterhaltsstreitigkeiten

Neben der Scheidung sind Unterhaltsstreitigkeiten ein häufiger Streitpunkt in familienrechtlichen Verfahren. Hierbei geht es oft um die finanzielle Regelung von Unterhaltsansprüchen für Ehegatten und/oder Kinder. Die Berechnung des Streitwerts orientiert sich bei (Kindes-)Unterhaltsfragen im Regelfall am Jahresbetrag der geforderten Unterhaltszahlungen. Vor gerichtlicher Geltendmachung bestehende Rückstände (nicht solche, die erst im Laufe des Verfahrens entstehen, § 34 FamGKG) erhöhen den Streitwert.

Da es in vielen Unterhaltsverfahren um das Existenzminimum der Kinder geht, legen die Gerichte besonderen Wert auf eine angemessene Streitwertfestsetzung, die den tatsächlichen finanziellen Bedarf widerspiegelt.

Sorgerechtsstreitigkeiten und Umgangsregelungen

In Sorgerechtsstreitigkeiten und in Verfahren zur Umgangsregelung spielt hingegen die emotionale und soziale Bedeutung der Entscheidung eine größere Rolle als der finanzielle Aspekt. Der Streitwert wird daher häufig pauschal festgelegt um zu verhindern, dass emotionale und persönlich belastende Verfahren unnötig verteuert werden. Gleichzeitig gewährleistet die Pauschalisierung des Streitwerts eine angemessene Bewertung der familiären Konflikte, die weit über rein finanzielle Aspekte hinausgehen.

In Sorgerechtsstreitigkeiten wird der Gegenstandswert regelmäßig auf 3.000,00 Euro bis 5.000,00 Euro festgesetzt, je nach Komplexität und Intensität des Konflikts.

In Angelegenheiten von Umgangsregelungen bewegt sich der Streitwert regelmäßig zwischen 2.000,00 Euro und 3.000,00 Euro. Bei der endgültigen Festsetzung spielt die Frage, wie schwerwiegend der Eingriff in das Familienleben ist und welche Auswirkungen die Entscheidung auf das Kind hat, eine bedeutende Rolle.

Übersicht häufiger Streitwertvorschriften:

➢ § 35 FamGKG - Geldforderungen

Höhe der geltend gemachten Forderung

➢ § 41 FamGKG - einstweilige Anordnung / vorläufiger Rechtsschutz

geminderter Gegenstandswert gegenüber dem Wert des Hauptanspruchs (50 %)

➢ § 45 FamGKG - bestimmte Kindschaftssache wie elterliche Sorge, Umgangsrecht, Kindesherausgabe u. a.

Wert 4.000,00 Euro (nach E-KostRÄG 2025 voraussichtlich Erhöhung auf 5.000,00 EUR)

➢ § 44 FamGKG - Verbund und Folgesachen

Streitwerte von Verbundverfahren werden addiert; bei Kindschaftssachen erfolgt eine Erhöhung von 20 % (maximale Erhöhung um 4.000,00 Euro, wobei „ein Kind für alle“ gilt)

➢ § 47 FamGKG - Abstammungssachen

a) Wert 2.000,00 Euro (nach E-KostRÄG 2025 3.000,00 Euro)
b) Wert 1.000,00 Euro

➢ § 48 FamGKG - Ehewohnungs- und Haushaltssachen

a) Wert 3.000,00 Euro (nach E-KostRÄG 2025 voraussichtlich Erhöhung auf 4.000,00 Euro)
b) Wert 4.000,00 Euro (nach E-KostRÄG 2025 voraussichtlich Erhöhung auf 5.000,00 Euro)

➢ § 49 FamGKG - Gewaltschutzsachen

a) Wert 2.000,00 Euro (nach E-KostRÄG 2025 voraussichtlich Erhöhung auf 3.000,00 Euro)
b) Wert 3.000,00 Euro (nach E-KostRÄG 2025 voraussichtlich Erhöhung auf 4.000,00 Euro)

➢ § 50 FamGKG - Versorgungsausgleich

a) je Anrecht 10 % des dreifachen Monatsgehalts beider Eheleute, mindestens 1.000,00 Euro)
b) je Anrecht 20 % des dreifachen Monatsgehalts beider Eheleute nach Ehescheidung

Fazit

Die Bestimmung des Gegenstandswerts in Familienverfahren ist ein wichtiger Faktor für die Berechnung der Verfahrens- und Anwaltskosten. Die gesetzlichen Regelungen im FamFG und FamGKG sorgen für eine einheitliche und gerechte Festlegung des Streitwerts, wobei die Besonderheiten familiärer Konflikte, wie Scheidung, Unterhalt, Sorge- und Umgangsregelungen, besonders zu berücksichtigen sind.

Bild: Adobe Stock/©vejaa
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Carmen Wolf
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Carmen Wolf ist gelernte Rechtsanwaltsfachangestellte mit Weiterbildung zur Rechtswirtin und zur Kanzleimanagerin, Ausbilderin für Rechtsanwaltsfachangestellte sowie Büroleiterin der Koblenzer Rechtsanwaltskanzlei FROMM. Dort ist sie mit allen Bereichen der Kanzleipraxis betraut.

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