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Ortstermin

Von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

Zur Vorbereitung gerichtlicher Sachverständigentermine in Bausachen kommt es immer wieder vor, dass eine der Parteien eigenmächtig Handwerker zwecks Vor- und Nachbereitung von Ortsterminen beauftragt. Wird dann ein gerichtlicher Vergleich unter Kostenaufhebung geschlossen, stellt sich die Frage, ob diese Kosten erstattungsfähig sind. Der BGH hat dies verneint.

Entscheidungsgründe

Die BGH-Richterinnen und -Richter sind der Ansicht, dass Kosten, die einer Partei durch die Beauftragung von Handwerkern zwecks Vor- und Nachbereitung von Ortsterminen mit dem gerichtlichen Sachverständigen entstanden sind, außer­gerichtliche Kosten der Partei sind. Sie sind daher bei einer durch Prozessvergleich vereinbarten Kostenauf­hebung im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu erstatten, sofern nichts anderes vereinbart wird.

Relevanz für die Praxis

Die Entscheidung klärt eine in der Praxis wichtige Frage und geht geradezu lehrbuchartig auf die Bedeutung einer vergleichsweisen Kostenaufhebungsentscheidung ein:

Zuerst wird festgestellt, dass das Kostenfestsetzungsverfahren auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und auf die Klärung einfacher Fragen des Kostenrechts zugeschnitten ist. Es ist in diesem Verfahren nicht vorgesehen, komplizierte materiell-rechtliche Fragen zu klären. Dies ist mangels der dafür notwendigen verfahrensrechtlichen Instrumente auch nicht sinnvoll möglich. Daher ist im Kostenfestsetzungsverfahren eine streng am Wortlaut orientierte Auslegung der Kostenaufhebungsregelung geboten. Der Parteiwille muss danach zumindest andeutungsweise im Wortlaut des Kostenvergleichs zum Ausdruck gekommen sein. Nur dies führt in den formalisierten, auf vereinfachte Prüfung zugeschnittenen Masseverfahren zu einer praktikablen Handhabung und verlässlichen Ergebnissen.

Beachten Sie | Die Regelung der Kostenaufhebung in einem gerichtlichen Vergleich hat zur Folge, dass einerseits die Gerichtskosten von den Parteien zur Hälfte, andererseits die außergerichtlichen Kosten durch die jeweilige Partei selbst zu tragen sind.

Das heißt im Einzelnen:

  • Zu den Gerichtskosten zählen Gerichtsgebühren und die Auslagen des ­Gerichts (vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 GKG).
  • Auslagen des Gerichts sind das von einem gerichtlichen Sachverstän­digen geltend gemachte Honorar nach dem JVEG. Außerdem zählen die nach § 12 JVEG zu erstattenden besonderen Aufwendungen dazu, wie notwendige Aufwendungen für Hilfskräfte, zu denen auch vom Sachverständigen beauftragte Handwerker gehören (vgl. KV 9005 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).
  • Dagegen sind sonstige Aufwendungen, die eine Partei für den Rechtsstreit geltend macht, außergerichtliche Kosten der Partei. Dies gilt unabhängig davon, welchen Zweck die Partei mit den Aufwendungen verfolgt und ob diese notwendig sind. Danach sind Kosten, die einer Partei durch die ­Beauftragung von Handwerkern zwecks Vor- und Nachbereitung von Ortsterminen mit dem ­gerichtlichen Sachverständigen entstanden sind, nicht den Gerichtskosten, sondern den außergerichtlichen Kosten der Partei zuzuordnen.

PRAXISTIPP | Die Vergleichsparteien haben es selbst in der Hand, die Kostentragung ihren Interessen gemäß zu regeln. Sie können beispielsweise die Verteilung bestimmter Parteikosten je zur Hälfte vereinbaren, wenn ihnen dies sachgerecht erscheint. Insofern ist es möglich, Kostenvereinbarungen zu treffen.

Treffen die Parteien keine Vereinbarung, sind die Kosten, die durch die Beauftragung von Handwerkern zwecks Vor- und Nachbereitung von Ortsterminen mit dem gerichtlichen Sachverständigen entstanden sind, außergerichtliche Kosten des jeweiligen Auftraggebers. Diese werden nicht erstattet.

Musterformulierung/Vereinbarung über Kostenaufhebung

"Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten, die durch die Beauftragung von Handwerkern zwecks Vor- und Nachbereitung des Ortstermins vom …................. mit dem gerichtlichen Sachverständigen entstanden sind, tragen die Parteien jeweils zur Hälfte."

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