Der Gebührensatz der Terminsgebühr beläuft sich für den Anwalt in erster Instanz grundsätzlich auf 1,2 (Nr. 3104 VV). Unter den Voraussetzungen der Nr. 3105 VV ermäßigt sich der Gebührensatz auf 0,5. Voraussetzung hierfür ist, dass der Anwalt bzw. die Anwältin an einem Termin teilnimmt, zu dem der Gegner nicht erschienen und in dem er auch nicht ordnungsgemäß vertreten ist und lediglich ein Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt wird.
Beispiel 1:
Im Termin zur mündlichen Verhandlung erscheint der Kläger nicht. Der Beklagte beantragt den Erlass eines die Klage abweisenden Versäumnisurteils, das dann auch ergeht. Der Gegenstandswert beträgt 8.000,00 €.
Der Gebührensatz der Terminsgebühr ermäßigt sich jetzt gem. Nr. 3105 VV auf 0,5. Abzurechnen ist wie folgt:
- 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 8.000,00 €)
- 0,5-Terminsgebühr, Nrn. 3104, 3105 VV (Wert: 8.000,00 €)
- Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV
Zwischensumme
- 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV
Gesamt
652,60 €
251,00 €
20,00 €
923,60 €
175,48 €
1.099,08 €
Ebenso ermäßigt sich die Terminsgebühr, wenn im schriftlichen Vorverfahren ein Versäumnisurteil ergeht, weil der Beklagte seine Verteidigungsbereitschaft nicht rechtzeitig anzeigt (Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3105 VV).
Beispiel 2:
Nach Einreichung der Klage über 8.000,00 € ordnet das Gericht das vorbereitende Verfahren an und fordert den Beklagten auf, seine Verteidigungsbereitschaft anzuzeigen. Der Beklagte zeigt seine Verteidigungsbereitschaft nicht an, so dass gegen ihn auf Antrag des Klägers ein Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren ergeht.
Abzurechnen ist wie in Beispiel 1.
Kommt es zum Erlass eines zweiten Versäumnisurteils, sind verschiedene Konstellationen zu unterscheiden:
1. Erstes Versäumnisurteil im Termin/Zweites Versäumnisurteil im Einspruchstermin
Beispiel 3:
Im ersten Verhandlungstermin ist gegen den säumigen Beklagten ein Versäumnisurteil über 10.000,00 € ergangen. Hiergegen hat er Einspruch eingelegt. In dem daraufhin anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung erscheint er wieder nicht, so dass gegen ihn ein zweites Versäumnisurteil nach § 345 ZPO ergeht.
Im ersten Termin ist die Terminsgebühr zu 0,5 entstanden (Nr. 3105 VV). Im zweiten Termin (§ 341a ZPO) ist nicht etwa eine weitere 0,5-Terminsgebühr entstanden. Vielmehr ist die erste Terminsgebühr zu einer vollen 1,2-Terminsgebühr erstarkt. Die Ermäßigung tritt nach Nr. 3105 VV nämlich nur dann ein, wenn der Anwalt „einen“ Termin wahrnimmt. Der BGH fasst dieses Wort „einen“ Termin als Zahlwort auf. Kommt es zu einem zweiten Termin, dann greift die Ermäßigung nicht mehr und es bleibt der vollen 1,2-Terminsgebühr.
Dem Prozessbevollmächtigten, der sowohl das erste als auch das zweite Versäumnisurteil erwirkt, steht eine 1,2-Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV, nicht nur eine 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV zu.
BGH, Beschl. v. 18.7.2006 – XI ZB 41/05
Abzurechnen ist wie folgt:
- 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 10.000,00 €)
- 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 10.000,00 €)
- Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV
Zwischensumme
- 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV
Gesamt
798,20 €
736,80 €
20,00 €
1.555,00 €
295,45 €
1.850,45 €
2. Erstes Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren/Zweites Versäumnisurteil im Termin
Ebenso ist abzurechnen, wenn das erste Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren ergangen ist.
Beispiel 4:
Im schriftlichen Vorverfahren ist gegen den Beklagten ein Versäumnisurteil über 10.000,00 € ergangen, da dieser seine Verteidigungsbereitschaft nicht angezeigt hat. Hiergegen hat er Einspruch eingelegt. In dem daraufhin anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung erscheint er nicht, so dass zweites Versäumnisurteil nach § 345 ZPO ergeht.
Auch jetzt das gleiche wie zuvor. Auch hier erstarkt die 0,5-Terminsgebühr, die im schriftlichen Vorverfahren angefallen ist, zu einer vollen 1,2-Terminsgebühr.
Ist nach Erlass eines Versäumnisurteils und nach Einspruch durch den Gegner dieser im daraufhin anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung weder erschienen noch ordnungsgemäß vertreten, so ist für die Terminsgebühr Nr. 3104 VV einschlägig. Aus dem Umstand, dass das erste Versäumnisurteil nach § 331 Abs. 3 ZPO erging, ergibt sich nichts anderes.
BGH, Beschl. v. 7.6.2006 – VIII ZB 108/05
3. Zweites Versäumnisurteil nach Vollstreckungsbescheid
Ein zweites Versäumnisurteil setzt nicht unbedingt ein erstes Versäumnisurteil voraus. Es kann auch nach einem Vollstreckungsbescheid ergehen
Beispiel 5:
Im Mahnverfahren ist ein Vollstreckungsbescheid über 10.000,00 € ergangen. Hiergegen hat der Beklagte Einspruch eingelegt. In dem daraufhin anberaumten Termin bleibt er säumig, so dass sein Einspruch durch zweites Versäumnisurteil nach §§ 700 Abs. 6 S. 1, 345 ZPO verworfen wird.
Jetzt ist im Mahnverfahren neben der 1,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 3305 VV eine weitere 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3308 VV angefallen. Im gerichtlichen Verfahren fällt jetzt nur die 0,5-Terminsgebühr an. Zwar ergeht im Termin ein zweites Versäumnisurteil, allerdings jetzt bereits im ersten gerichtlichen Termin. Es entsteht dann nur die 0,5-Terminsgebühr. Dafür wird die 0,5-Verfahrensgebühr der Nr. 3308 VV im streitigen Verfahren nicht angerechnet. In der Summe erhält der Anwalt also für Vollstreckungsbescheid und Versäumnisurteil 1,0 Gebühren.
Beantragt der Prozessbevollmächtigte nach Erwirken eines Vollstreckungsbescheids im Mahnverfahren in dem im nachfolgenden streitigen Verfahren anberaumten Einspruchstermin den Erlass eines zweiten Versäumnisurteils, so fällt hierfür nur eine 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV an.
OLG Köln, Beschl. v. 21.2.2007 – 17 W 26/07
Wird der Prozessbevollmächtigte erstmals nach Erlass eines Vollstreckungsbescheids im Mahnverfahren mit der Sache befasst und beantragt er in dem im nachfolgenden streitigen Verfahren anberaumten Einspruchstermin den Erlass eines zweiten Versäumnisurteils, so fällt hierfür nur eine 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV an.
OLG Nürnberg, Beschl. v. 30.6.2008 – 13 W 1113/08
Abzurechnen ist wie folgt:
I. Mahnverfahren
- 1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3305 VV (Wert: 10.000,00 €)
- 0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3308 VV (Wert: 10.000,00 €)
- Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV
Zwischensumme
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV
Gesamt
614,00 €
307,00 €
20,00 €
941,00 €
178,79 €
1.119,79 €
II. Streitiges Verfahren
- 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 10.000,00 €)
- gem. Anm. zu Nr. 3305 VV anzurechnen, 1,0 aus 10.000 €
- 0,5-Terminsgebühr, Nrn. 3104, 3105 VV (Wert: 10.000,00 €)
- Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV
Zwischensumme
- 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV
Gesamt
798,20 €
-614,00 €
307,00 €
20,00 €
511,20 €
97,13 €
608,33 €
4. Verwerfung des Einspruchs im schriftlichen Verfahren
Wird gegen einen Vollstreckungsbescheid oder ein Versäumnisurteil Einspruch eingelegt und hält das Gericht den Einspruch für unzulässig, muss es keinen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumen; vielmehr kann nach § 341 Abs. 2 ZPO der Einspruch durch Urteil im schriftlichen Verfahren verworfen werden.
Beispiel 6:
Im Termin zur mündlichen Verhandlung erscheint der Beklagte nicht. Der Kläger beantragt daraufhin den Erlass eines die Klage abweisenden Versäumnisurteils, das dann auch ergeht. Der Streitwert beträgt 8.000,00 €. Der Beklagte legt persönlich Einspruch ein, den das Gericht mangels anwaltlicher Vertretung als unzulässig verwirft.
Zwar ergeht jetzt in einem Verfahren, in dem eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren; diese Entscheidung bedarf allerdings nicht der Zustimmung der Parteien, so dass insoweit keine fiktive Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 zu Nr. 3104 VV anfällt. Es bleibt also bei der 0,5-Terminsgebühr.
Verwirft das Prozessgericht den Einspruch gegen ein Versäumnisurteil als unzulässig ohne mündliche Verhandlung, entsteht keine Terminsgebühr.
OLG Köln, Beschl. v. 12.12.2018 – 17 W 208/18
- 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 8.000,00 €)
- 0,5-Terminsgebühr, Nrn. 3104, 3105 VV (Wert: 8.000,00 €)
- Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV
Zwischensumme
- 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV
Gesamt
652,60 €
251,00 €
20,00 €
923,60 €
175,48 €
1.099,08 €
Wird der Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid verworfen, entsteht ebenfalls keine Terminsgebühr.
Beispiel 7:
Im Mahnverfahren ist ein Vollstreckungsbescheid über 10.000,00 € ergangen. Hiergegen hat der Beklagte Einspruch eingelegt, allerdings erst nach Ablauf der Einspruchsfrist. Das Gericht verwirft daher den Einspruch im schriftlichen Verfahren als unzulässig.
Eine Terminsgebühr im streitigen Verfahren entsteht nicht.
Entscheidet das Gericht über den unzulässigen Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid ohne mündliche Verhandlung, entsteht keine Terminsgebühr.
OLG Koblenz, Beschl. v. 28.1.2011 – 14 W 52/11
Abzurechnen ist wie folgt:
I. Mahnverfahren
- 1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3305 VV (Wert: 10.000,00 €)
- 0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3308 VV (Wert: 10.000,00 €)
- Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV
Zwischensumme
- 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 178,79 €
Gesamt
614,00 €
307,00 €
20,00 €
941,00 €
178,79 €
1.119,79 €
II. Streitiges Verfahren
- 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 10.000,00 €)
- gem. Anm. zu Nr. 3305 VV anzurechnen, 1,0 aus 10.000 €
- Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV
Zwischensumme
- 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV
Gesamt
798,20 €
-614,00 €
20,00 €
204,20 €
38,80 €
243,00 €
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Rechtsanwalt Norbert Schneider ist einer der versiertesten Praktiker im Bereich des anwaltlichen Gebühren- und Kostenrechts und Autor zahlreicher Fachpublikationen und Seminare. Er ist außerdem Autor der Fachinfo-Tabelle Gerichtsbezirke 2024 zur Reisekostenabrechnung und Mitherausgeber der AGS – Zeitschrift für das gesamte Gebührenrecht sowie der NZFam.
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