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Vergleichsabschluss

Von Norbert Schneider

Hat man es endlich geschafft, die Parteien zu einer Einigung zu bewegen, stellt sich die Kostenfrage. Mitunter wird hier mehr gestritten als in der Hauptsache. Nicht selten scheitert der Vergleichsabschluss sogar an der Kostenregelung. Daher ist bei der Kostenregelung im Vergleich besondere Sorgfalt geboten.

Das OLG Hamm (Beschl. v. 6.8.2021 – 25 W 103/21) hatte sich aktuell mit einem Fall zu befassen, in dem aufgrund eines außergerichtlich geschlossenen Vergleichs die Berufung zurückgenommen wurde. Das OLG hat sodann entschieden, dass der Berufungsführer der Berufung verlustig sei und die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen habe. Im Folgenden entstand Streit, welche Gebühren nunmehr von der Kostenentscheidung erfasst seien.

Unstreitig war, dass die 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV nebst Postentgeltpauschale und Umsatzsteuer vom Berufungsführer an den Berufungsgegner zu erstatten waren. Diese Vergütung ist auch zunächst festgesetzt worden.

In einem Nachfestsetzungsantrag beantragte der Berufungsgegner noch die Festsetzung einer Terminsgebühr sowie einer Einigungsgebühr. Das LG hat beide Gebühren antragsgemäß festgesetzt. Das OLG hat die Einigungsgebühr auf die Beschwerde des Berufungsklägers hin abgesetzt.

Einigungsgebühr ist dem Vergleich und nicht dem Rechtsstreit zuzuordnen

Das OLG verweist auf die ständige Rechtsprechung des BGH (u. a. NJW 2009, 519 = AnwBl 2009, 73; NJW 2011, 1680), wonach grundsätzlich zwischen den Kosten des Rechtsstreits und den Kosten des Vergleichs zu unterscheiden sei. Werde ein außergerichtlicher Vergleich geschlossen, dann würden nur die im gerichtlichen Verfahren angefallenen Gebühren zu den Kosten des Rechtsstreits zählen, nicht aber die durch den außergerichtlichen Vergleich angefallene Einigungsgebühr, die nach § 98 S 1. ZPO als gegeneinander aufgehoben anzusehen sei. Insoweit sei es nach der Rechtsprechung des BGH also erforderlich, nicht nur die Kosten des Rechtsstreits zu regeln, sondern auch eine Vereinbarung über die Kosten des Vergleichs zu treffen. Das hatten die Parteien hier nicht getan. Über die Kosten des Vergleichs gab es keine gesonderte Regelung. Es war lediglich vereinbart, dass die Berufung zurückgenommen werde, so dass sich die zwingende Kostenfolge für die Kosten des Berufungsverfahrens aus § 516 Abs. 3 ZPO ergab. Das OLG hat daher die Einigungsgebühr als nicht erstattungsfähig angesehen, weil die Kosten des Vergleichs mangels einer konkreten Vereinbarung nach § 98 S. 1 ZPO als gegeneinander aufgehoben anzusehen seien.

Nach der Rechtsprechung des BGH gilt § 98 S. 1 ZPO grundsätzlich auch dann, wenn die Parteien einen gerichtlichen Vergleich abschließen. Auch hier ist nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich zwischen den Kosten des Rechtsstreits und den Kosten des Vergleichs zu unterscheiden. Hier kann allerdings die Auslegung der Kostenvereinbarung im Vergleich ergeben, dass die Parteien die Kosten des Vergleichs als Kosten des Rechtsstreits verstanden wissen wollen.

Terminsgebühr gehört zum Rechtsstreit

Hinsichtlich der Terminsgebühr hat das OLG allerdings eine Erstattungsfähigkeit bejaht, da die Terminsgebühr den Kosten des Rechtsstreits zuzuordnen sei. Die Terminsgebühr entstehe nämlich gemäß Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV bereits durch die Aufnahme der Besprechungen mit dem Gegner. Sie sei unabhängig vom Zustandekommen und vom Bestand des Vergleichs. Daher handele es sich insoweit nicht um Kosten des Vergleichs, sondern um Kosten des Rechtsstreits.

Praxishinweis:

Auch wenn man über die Auffassung des BGH geteilter Meinung sein kann, müssen Anwältinnen und Anwälte den sichersten Weg gehen und dessen Rechtsprechung berücksichtigen. Im Falle eines außergerichtlichen Vergleichs muss daher unbedingt nicht nur eine Regelung über die Kosten des Rechtsstreits getroffen werden, sondern auch über die Kosten des Vergleichs, sollen diese vom Gegner zu erstatten sein. Unterbleibt eine solche Regelung, dann gilt § 98 S. 1 ZPO mit der Folge, dass die Kosten des Vergleichs als gegeneinander aufgehoben anzusehen sind und jede Partei ihre eigene Einigungsgebühr selbst trägt.

Nach der Rechtsprechung des BGH gilt Entsprechendes grundsätzlich auch bei einem gerichtlichen Vergleich. Daher sollte auch bei einem gerichtlichen Vergleich stets ausdrücklich nicht nur eine Regelung über die Kosten des Rechtsstreits, sondern über die „Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs“ getroffen werden.

Foto: Adobe Stock/only_kim
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Rechtsanwalt Norbert Schneider ist einer der versiertesten Praktiker im Bereich des anwaltlichen Gebühren- und Kostenrechts und Autor zahlreicher Fachpublikationen und Seminare. Er ist außerdem Autor der Fachinfo-Tabelle Gerichtsbezirke 2024 zur Reisekostenabrechnung und Mitherausgeber der AGS – Zeitschrift für das gesamte Gebührenrecht sowie der NZFam.